Gesampelte Gesellschaft (2010/4)
Die Sammlung und Archivierung menschlicher Körperteile und -gewebe zu medizinischen Lehr- und Forschungszwecken hat eine mehrere Jahrhunderte zurückreichende Tradition. Nichtsdestotrotz hat diese Praxis immer wieder auch Kontroversen ausgelöst, so etwa die vom Anatomen Gunther von Hagen initiierte Wanderausstellung plastinierter menschlicher Körper. Aber auch jenseits solch spektakulärer Fälle ist die Anlage anatomischer und pathologischer Sammlungen von menschlichen Substanzen – zum Beispiel von Körperteilen oder Tumorgeweben – nicht unproblematisch. So wurden diese Sammlungen, die heute in jedem größeren Krankenhaus zu finden sind, häufig ohne die informierte Einwilligung der Patienten aufgebaut bzw. die im Zuge von Operationen anfallenden „Restmaterialien“ lange Zeit ohne Wissen der Patienten der Forschung zugeführt. Die zunehmende Kontroversität dieser Praxis innerhalb des letzten Jahrzehnts ist vor allem das Resultat eines durch neue (genetische) Analyseoptionen sowie Fortschritte in der Massendatenverarbeitung hervorgerufenen Paradigmenwechsels. Dieser betrifft sowohl die Organisationsstruktur als auch die Anwendungsmöglichkeiten biologischer Materialsammlungen.
Stichworte: Biobanken, Ökonomisierung, genetische Informationen, Biobankforschung, Governance
Erschienen: 2010
Inhalt
- Gesampelte Gesellschaft
- Ökonomie der Körperteile
- Cui bono?
- Spendende Verkäuferinnen – Eizellen für die Klonforschung
- Forschungsteilnahme als Sozialpflicht?
- Das Prinzip der informierten Zustimmung in der Biobankforschung
- Das persönliche Genom
- Vom Wert bioinformationeller Privatheit und der diskursiven Macht ungelöster „Governance-Probleme“
- Die Europäisierung der Beschäftigungspolitik und die Destandardisierung der Beschäftigung in Deutschland
- Öffentlich, weil es besser ist?
- Windenergienutzung in der Pionierphase (1975-1991)
- Ist Max Webers verstehende Soziologie naturblind?
- Christiane Eisenberg: Englands Weg in die Marktgesellschaft
- Janne Teller: Nichts.
- Vladimir Gavrilovič Mosolov: IMĖL.
- Matthias Oppermann: Raymond Aron und Deutschland