Ostdeutschlandforschung Wende oder Ende (2003/2)

Herausgegeben von: Scott Gissendanner

Ostdeutschland war für seine Bürger wie auch seine sozial- und kulturwissenschaftlichen Beobachter wohl immer nur dann interessant, wenn das Land historisch bedeutsame politische und soziale Veränderungen erlebte. Das betrifft zuerst die 1950er Jahre, als sich die DDR mit dem Experiment Sozialismus noch als glaubhafte Alternative zum westlichen Kapitalismus präsentieren konnte. „Der Staat besteht nur, wenn etwas in ihm vorgeht, und immer was Neues“, so der freche, immer etwas genüsslich provozierende Bauarbeiter Paul Bauch, Volker Brauns Anti-Held in Die Kipper (1963). „Die ganze Attraktion dieses Gebildes ist, dass es sich verändert. Das, glaub ich, war’s, was mich an dem Land kleben ließ: dass es ein andres wurde, wenn ich in kein andres fortging.“ Nachdem die Mauer dem Sozialismusprojekt seinen experimentellen Charakter genommen hatte, war es mit der Spannung vorbei. Und Bauch klagt ob der einsetzenden Stagnation: „Das ist das langweiligste Land der Erde!“ Mit der DDR hinter der Mauer wussten auch die meisten westlichen Sozialwissenschaftler wenig anzufangen, als Forschungsgegenstand war sie weder Fisch noch Fleisch. Für Sowjetologen lag sie an der Peripherie des Imperiums, für Deutschlandforscher war Westdeutschland attraktiver und zugänglicher, und für die westlich orientierten Sozialwissenschaften hatte das stagnierende staatssozialistische Gebilde wenig interessantes zu bieten. Lediglich bei Literaturwissenschaftlern fand sie noch nennenswerte Aufmerksamkeit. Erst die Wende im Herbst 1989 machte Ostdeutschland wieder politisch spannend und wissenschaftlich anschlussfähig und interessant. 

Stichworte: Generation, DDR, Wende, 1989, Xenophobie

Erschienen: 2003

Inhalt

  • Das Ende Ostdeutschlands?
  • Gibt es für Ostdeutschlandstudien einen Markt?
  • DDR-Forschung in Nordamerika 1983–2002
  • Die Generation der Unberatenen
  • Ostdeutsche kulturelle Identität und Cyberspace
  • „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“
  • Ostdeutschland: Heimat einer xenophoben Tradition?
  • „Aurora Forum“
  • Blutige Taten, heilende Werte?
  • Einheit durch Integration
  • Ein verfassungspatriotisches Trilemma?
  • Hannah Arendts Marxkritik
  • Wolfgang Engler: Die Ostdeutschen als Avantgarde
  • Karl Wilhelm Fricke, Peter Steinbach, Johannes Tuchel (Hg.): Opposition und Widerstand in der DDR
  • Astrid Hedin: The Politics of Social Networks, Interpersonal Trust and Institutional Change in Post-Communist East Germany
  • Wilhelm Hinrichs, Eckhard Priller (Hg.): Handeln im Wandel
  • Wolfgang Sofsky: Zeit des Schreckens Amok, Terror, Krieg
  • Rüdiger Bubner: Polis und Staat
  • Heinz-Hermann Krüger, Cathleen Grunert (Hg.): Handbuch Kindheits- und Jugendforschung

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Coverbild von  Ostdeutschlandforschung Wende oder Ende