Schrumpfende Städte (2002/2)
Wohnungsleerstand und leerstehende Büro- und Gewerbeflächen sind die sichtbarsten Anzeichen von Abwanderung, Bevölkerungsrückgang und Arbeitsplatzverlusten in vielen ostdeutschen Städten. Viele Städte wachsen nicht mehr, sie schrumpfen. Dieses Phänomen wird seit den 1970er Jahren auch in Westeuropa beobachtet. Hier wurde es als temporäre Krise gedeutet. In ostdeutschen Städten setzt sich jedoch langsam ein neues Problemverständnis durch: „Schrumpfung“ wird als anhaltendes Problem einzelner Städte nicht mehr geleugnet. Die Symptome, Ursachen, Folgen und stadtpolitischen Optionen schrumpfender Städte werden in diesem Schwerpunktheft diskutiert. Birgit Glock führt mit ihrem Aufsatz umfassend in die Problematik schrumpfender Städte ein. Sie konnte Autoren aus Wissenschaft und stadtplanerischer Praxis für Beiträge zu diesem in der wissenschaftlich-politischen Diskussion noch recht neuen Thema gewinnen.
Wolfgang Kil widmet sich den Ursachen nachhaltiger Schrumpfungsprozesse in ostdeutschen Städten. Er deutet Schrumpfung als Symptom der Krise der Arbeitsgesellschaft. Die britische Soziologin Anne Power beschreibt, welche sozialen Folgen ein ungesteuerter Niedergangsprozeß in nordenglischen Innenstädten zeitigte. Infolge hoher Armutskonzentration und Abwanderung der Mittelschichten kollabierten diese Viertel. Viele Kommunalverwaltungen begannen, ganze Straßenzüge und Siedlungen abzureißen. Die negativen sozialen und räumlichen Folgen der Abwanderung – argumentiert Hartmut Häußermann – sind nur durch staatliche Gestaltung des anstehenden Stadtumbaus zu bewältigen. Um diesen effizient und sozialverträglich durchzusetzen, ist jedoch die Zusammenarbeit mit den Bewohnern, ihre Akzeptanz und Mitwirkungsbereitschaft unerläßlich. Christoph Haller und Heike Liebmann diskutieren, wie der Stadtumbau bearbeitet wird und welche Verteilungskonflikte dabei entstehen. Am Beispiel der Stadt Schwedt verdeutlicht Ingeborg Beer die Probleme, die sich aus dem Teilabriß von Wohngebieten für die Betroffenen ergeben.
Stichworte: Schrumpfung, Industrie, Ökonomie, Kultur, Entwicklung
Erschienen: 2002
Inhalt
- Schrumpfende Städte
- „Freies Feld von Bitterfeld bis Böhlen...“
- Die Zukunft der Stadt – Nachbarschaften und soziale Exklusion
- Was bedeutet der Stadtumbau für die ostdeutsche Gesellschaft?
- Vom Wohnungsleerstand zum Stadtumbau
- „Wohnen und Leben im Wartestand“
- Experiment und Utopie im Stadtumbau Ostdeutschlands
- „Soziales Kapital“ kleiner Städte
- Die verblichene DDR als diskursives Ereignis
- Wolfgang Harichs Weg aus dem antifaschistischen Widerstand in die kommunistische Parteiopposition
- Ostdeutsche Identität als Utopie fortgesetzter Systemopposition
- Was muß eine deutsch-deutsche Geschichte enthalten?
- Klaus Brake, Jens Dangschat, Günter Herfert (Hg.): Suburbanisierung in Deutschland
- Regina Bittner (Red.): Urbane Paradiese
- Sven Papcke: Gesellschaft der Eliten
- Rudolf Stichweh: Die Weltgesellschaft
- Robert Castel und André Gorz
